Nach einer weiteren relativ kurzen Nacht in Guayaquil fuhren wir tags darauf gleich ganz früh zum Terminal Terrestre – DER Busstation in der Stadt. Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass das der größte Busbahnhof war, den ich jemals gesehen habe. Tritt man in das direkt neben dem Flughafen der Stadt gelegene Gebäude ein, fühlt man sich ein bisschen wie im Berliner Hauptbahnhof. Mehrere Ebenen und Busse wo man hinsieht. Wahnsinn! In Ecuador gibt es keine Züge. Alles wird mit Nah- und Fernverkehrsbussen abgedeckt. Mit genau so einem fuhren wir um 8:30 sehr entspannt und zügig in das nordwestlich gelegene Manta. 18 Dollar für uns alle drei für die knapp 4 stündige Fahrt ist auch ein fairer Preis.
Warum nun eigentlich genau Manta? Manta ist die Hafenstadt, in die unsere Giraffe – alias Fiat Ducato Wohnmobil – von Zeebrügge in Belgien verschifft wurde (hier nochmal ein großes Dankeschön an Familie Keller für die Hilfe). 6 Wochen um die halbe Welt. Viele andere Südamerika-Overlander wählen den deutlich kürzeren Weg von Europa nach Montevideo (Uruguay) und beginnen ihren Trip von Süden durch den Kontinent. Uns hatte die andere Variante besser gefallen. Am Ende hat alles Vor- und Nachteile und wir scheinen einen relativ guten Preis (knapp 3000,- Euro) für die Verschiffung bekommen zu haben.
In Manta angekommen erfuhren wir erstmal einen kleinen Hitzeschock. Sonne pur. Mit all unserem Gepäck bedeutete das wieder viel schwitzen. Wir schnappten uns dieses Mal ein „Yellow Cab“ und fuhren zu unserem recht spontan gebuchten Apartment. Unser Host Juliana war wieder super freundlich, hilfsbereit und sprach sogar richtig gut englisch. Perfekt um sich etwas auszutauschen. Sie bot auch direkt noch ihre Hilfe an, falls wir bei der Abholung im Hafen und bei den Behörden Probleme haben sollten.
Mission Abholung
Am frühen Nachmittag starteten wir unsere Odyssee „Abholung der Giraffe“! Im Vorfeld standen wir bereits im regen E-Mail Kontakt mit unserem deutschen Agenten sowie der Gegenstelle in Manta. Als erstes flatterte eine zusätzliche Rechnung über rund 300,- Dollar in unser Postfach: Gebühren für die Einfuhr in Ecuador, Dokumentengebühren und Servicepauschalen. Kurze Rückfrage bei unserem deutschen Agenten. Alles in Ordnung. Gut, als nächstes wurden wir gefragt, ob wir bereits ein DJT – Declaración Juramentada de Turista – beim Zoll beantragt hätten? Ähm, was? Noch nie davon gehört. Nein, haben wir nicht. Einige E-Mails später war klar, dass dies ein Dokument (bzw. genauer gesagt ein elektronischer Eintrag im System) des Zolls (ADUANA) ist, mit dem die Giraffe für maximal 90 Tage in Ecuador bewegt werden darf. Und wie bekommen wir das jetzt? Wir wurden zu einer Firma weitervermittelt, die solche Angelegenheiten üblicherweise erledigt. Kostenpunkt: 650 Dollar! Whaaaaat? Auch unser Agent in Deutschland bestätigte: „Ein durchaus üblicher Preis“. Puhhh, wäre echt gut gewesen solche „Kleinigkeiten“ im Vorfeld gewusst zu haben. Das magische Bauchgefühl teilte uns jedoch mit, dass dies ungewöhnlich viel zu sein scheint. In einer Facebookgruppe für Südamerika Overlander wurde uns zum Glück geholfen. Auf unsere Frage meldete sich jemand der bereits 3 Fahrzeuge in Manta selbst abgeholt hatte. „Macht einfach Kopien von allen Papieren, setzt einen formlosen Dreizeiler auf und fertig. Die haben da eh alle keine Ahnung und sind korrupt.“ Uff, alles klar. Doch erstmal mussten wir zum Büro des Ecuadorianischen Agenten. Die Recherche der Adresse erwies sich allerdings als problematisch. Der uns übermittelte Ort war offensichtlich falsch, da das Büro in Manta demnach in Guayaquil war. Na klar. Auf der Webseite fanden wir eine andere Adresse, zu der wir nun hinliefen. „Nein, die Firma gibt es hier nicht.“ entzifferten wir die Worte des Mannes am Empfang. Oh man! In diesem Augenblick zückte er jedoch ein Büchlein und blätterte die Seiten durch. Und da stand eine Adresse. Übrigens direkt neben unserem Apartment. Super, einmal umsonst 20 Minuten durch die Hitze gewandert. Am Bürohaus angekommen, fanden wir immerhin eine Art Firmenschild an einer verschlossenen Tür vor. Anklopfen. Nichts. Nochmal und da öffnete eine junge Frau einen Spalt die Tür. Es dauerte einen Moment um gegenseitig zu bestätigen, dass wir richtig sind. Schließlich ließ sie uns hinein. Bargeld holen (in Ecuador geht nur in Supermärkten und Tankstellen was mit Kreditkarte), wieder zurück laufen, Dokumente ausgehändigt bekommen und tschüss sagen. Jetzt ab zum Hafen. Hier ereilte uns das Glück des Tüchtigen. An der Gegensprechanlage meldete sich eine englischsprechende Mitarbeiterin die uns alles perfekt erklärte und sogar zu den entsprechenden Schaltern brachte. Obendrein klärte sie die Mitarbeiter dort noch über unser Anliegen auf. Ohne sie wären wir richtig aufgeschmissen gewesen. Trotzdem blieb noch dieses mulmige Gefühl, ob unsere Vorbereitungen für das DJT ausreichen würden. Schließlich erklärte uns eben erwähnte Dame, dass wir nun noch ein Haus weiter zur ADUANA gehen müssten um die Dokumente zu erhalten. Auch einen Kontakt nannte sie uns und meldete uns sogar an. Wahnsinn! Eine Stunde später hatten wir das wichtige Dokument in der Hand! YES! 650 Dollar gespart. Als allerletzten bürokratischen Akt mussten wir die Hafenrechnung für die Zeit der Unterbringung bezahlen. 130 Dollar. Da die Bank bereits geschlossen war, mussten wir dies allerdings auf den nächsten Tag verschieben. Mit dem schwarz-weißen Beleg in der Hand liefen wir am nächsten Morgen wieder zum Hafen-Office. Wir wurden sofort erkannt und Mika („ohhh ist der süß“) staubte wieder ein Stück Schokolade ab. 30 Minuten später hatten wir alle Dokumente in der Hand. Mit Warnweste (die Mitarbeiter von TPM waren mega freundlich und hilfsbereit) und nach der Durchsuchung am Hafendrehkreuz, trat ich in den Hochsicherheitsbereich Hafen ein. Weitere 30 Minuten später erblickte ich die Giraffe! Kurzer äußerer Check: Alles noch dran, heile und innen trocken. Übergabeprotokoll und dann ging es los! Zündschlüssel drehen und: Brrrrrruuuuuummmmmm. FIAT-Power! 🙂 Vor dem Tor warteten Mika und Jana schon sehnsüchtig. Jetzt kann unser Roadtrip losgehen.
Die Küste Ecuadors
Bevor unsere 3-monatige Küsten- und Meerestour zu Ende gehen sollte (wir wollen die Panamericana größtenteils mitten durch die Anden fahren), einigten wir uns der Westküste Ecuadors noch einen Besuch abzustatten. Wo lang? Erstmal nach Süden. Zum Ankommen und zur Inventur der Innereien der Giraffe quartierten wir uns erstmal 2 Tage im Hostel Punta la Barca nicht weit von Manta ein. Ein Nomadenhostel direkt am Meer, mit super Aussicht, warmen Duschen, Toiletten und einer Küche. Bei der folgenden Inventur von der Zeit auf See stellten wir fest, dass viele Kleinigkeiten und natürlich all unsere eingelagerten Klamotten nun einen anderen Besitzer haben. Wir rechneten einen Wert von ungefähr 700,- Euro aus. Naja, wir hatten eigentlich damit gerechnet. Um den Schaden bei unserer Hausrat einzureichen, stand mal wieder ein Polizeibesuch an. Es kamen Erinnerungen von Guadeloupe hoch wo wir einen ähnlichen Vorfall hatten. Nachdem wir den Polizisten mit Händen, Füßen und Google Translate erklärt hatten worum es ging, schickten diese uns zur Staatsanwaltschaft weiter. Dort empfing uns eine mit Whatsapp beschäftigte Dame. Sie erzählte uns das wir Kopien von allem machen sollten (2 Ausfertigungen). Anschließend erhielten wir unseren Stempel für die Versicherung. Mal schauen wie es da weiter geht.
Auf den Galapagosinseln trafen wir eine Deutsche, die sich in Puerto Lopez niedergelassen hat. Sie schwärmte von diesem Städtchen direkt am Meer. Für uns Grund genug dorthin zu fahren. Vielleicht lag es am Grau in Grau dieser Tage, vielleicht lag es am trockenen Sommer. Dieser Küstenteil erschien uns als super trist und nicht so erstrebenswert. Genauso war es mit Puerto Lopez selbst. Eine gerade Dorfstraße von der links und rechts Wege abgehen. Sehr heruntergekommen und nicht sonderlich einladend. Wir fuhren weiter und schlugen unser Nachtlager am Campingplatz La Costa International auf. Zwar direkt an der Straße, jedoch mit voraufgebauten Zelten und den besten Duschen die ich jemals auf einem Campingplatz gesehen habe.
Am nächsten Tag änderten wir die Richtung und fuhren erneut nordwärts. Der Plan sah vor, nun die gesamte Küste herauf bis kurz vor Kolumbien zu fahren und von dort nach Osten auf die Panamericana zu queren. Kurz nach Puerto Lopez hielten wir nochmal kurz am Strand „Los Frailes“ an. Der schönste Strand der Gegend. Wir stellten fest das wir solche „schönsten Strände“ zukünftig meiden wollen, da wir mittlerweile schon einige wirklich schöne Strände erleben durften. Anschließend steuerten wir direkt auf das heutige Tagesziel „Restaurant Meiers“ zu. Herr Meier ist in den Neunzigern mit 16.000 DM ausgewandert und hat sich in Ecuador ein schönes Restaurant inkl. Bar aufgebaut. Als eingefleischter Union-Fan werteten wir direkt das erste Derby in der 1. Fußballbundesliga gegen Hertha aus. Darüber hinaus aßen wir echten deutschen Kartoffelsalat und eine Grillplatte. Mega lecker! Die Nacht wollten wir eigentlich auf der benachbarten Fläche verbringen. Die Zufahrt war jedoch leider geschlossen und weit und breit war niemand in Sicht den wir hätten fragen können. Kurzerhand bot uns Herr Meier an bei ihm vor der Tür zu schlafen und seine Toilette und Dusche zu benutzen. Vielen vielen Dank nochmal dafür!
Unser Weg führte uns nach Bella Vista zur Hosteria Camare weiter. Ein abgelegenes Fischerdörfchen mit einem super grünen Stellplatz direkt am Strand. Da es uns hier so gut gefiel, blieben wir direkt 3 Nächte.
Mit dem Playa Escondida entdeckten wir einen noch besseren Spot einer alten Kanadierin, die seit 30 Jahren in Ecuador lebt. Irgendwie hat sie es geschafft, ein Naturschutzgebiet ihr Eigen zu nennen. Wunderschön! In den kommenden 3 Nächten in denen wir das offene Lagerfeuer reichlich für Gemüse, Grillfleisch oder frische Brötchen nutzten, lernten wir einen Australier kennen, der mit seinem Motorrad durch Südamerika reist. Trotz seines doch recht fiesen Akzentes, plauderten wir des Öfteren und hatten eine gute Zeit. Unterdessen nutzten wir die Zeit um letzte Vorkehrungen und Vorbereitungen an der Giraffe für die Panamericana zu machen.
Am Weiterreisetag statteten wir dem Aquapark in Atacames einen Besuch ab. Auch wenn es ein paar Verwirrungen beim Eingang gab, erlebten wir hier einen schönen Nachmittag und Mika nutzte die Zeit zum ausgiebigen Badeerlebnis.
Am späten Nachmittag fuhren wir in das benachbarte Tonsupa weiter um einen Platz für die Nacht zu finden. Als wir an unserem ausgeguckten Übernachtungsort niemanden antrafen kamen wir auf die Idee, bei irgendeinem Hotel zu fragen ob wir dort für eine Nacht stehen dürfen. Warum auch immer wurde uns dieser Wunsch verwehrt, doch ein Mitarbeiter des Hotels der direkt das Grundstück nebenan besaß erlaubte uns, sich einfach bei sich auf das Grundstück zu stellen. Obendrein durften wir sogar die Toiletten und Duschen benutzen. Insgesamt lernen wir die Ecuadorianer als ultra nette und hilfsbereite Menschen kennen die tun was sie können um einem zu helfen. Wie der Zufall so will, gab es dort übrigens auch 2 Mädels in Mika‘s Alter. Für uns bedeutete das einen ruhigen Abend. 🙂 Mika hinterließ wie immer bleibenden Eindruck und wurde mit einem Armbändchen beschenkt. Zum Abschied gab es noch ein Erinnerungssfoto.
Da wir nun schon relativ weit im Norden waren und die Straße nach Osten abbog, fuhren wir am nächsten Tag knapp 6 Stunden nach Ibarra. Ibarra markiert damit auch unseren Start in die offizielle Panamericana (E35 in Ecuador). Jetzt geht es endlich richtig los!
Hallo ihr drei Weltenbummler. Ich freue mich bereits auf eure jetzige Wohnmobiltour 😃👍 Habt ihr auch Bilder vom Inneren eurer Giraffe?
Viele Grüße Andy Eichmülli
Hey Andy. Bilder vom Inneren werden wir bei einem der nächsten Beiträge einbauen, ok? 👍